Nach Schätzungen des Bundes sind rund 16'000 Personen unter einer umfassenden Beistandschaft vom Stimm- und Wahlrecht auf Bundesebene ausgeschlossen. Der Bundesrat hebt in seinem Bericht hervor: «In ihrer heutigen Form führen die Ausschlüsse vom Stimm- und Wahlrecht zu Spannungen mit der Rechtsgleichheit und völkerrechtlichen Verpflichtungen.»
Hinter diesem Satz verbirgt sich insbesondere die Nicht-Vereinbarkeit der heutigen gesetzlichen Regelungen mit der UN-Behindertenrechtskonvention. Der UN-Ausschuss für die Rechte für Menschen mit Behinderung hat den Ausschluss vom Stimm- und Wahlrecht von Menschen mit Behinderung mit einer umfassenden Beistandschaft in seiner Antwort auf den Staatenbericht der Schweiz kritisiert.
Einzelne Kantone gehen bereits weiter als der Bund
Je nach Wohnkanton kann das Stimm- und Wahlrecht auf kantonaler und kommunaler Ebene von bundesrechtlichen Bestimmungen abweichen. Vorzeigebeispiel ist der Kanton Genf, der in einer Volksabstimmung 2020 jegliche Einschränkung des Stimm- und Wahlrechts für Menschen mit Behinderung aufgehoben hat.
In weiteren Kantonen sind politische Initiativen am Laufen, die dem Beispiel von Genf folgen wollen.
Einheitliche Regelung schaffen
INSOS und ARTISET fordern den Bund auf, die im Bericht festgestellten Spannungen zur Rechtsgleichheit und den Inhalten der UN-Behindertenrechtskonvention aufzulösen. Der Bundesrat beschreibt zwei Handlungsoptionen: die Aufhebung des Stimmrechtsausschlusses und die spezifische Überprüfung der Urteilsunfähigkeit in jedem einzelnen Fall.
Es geht nun darum, eine möglichst landesweit gültige Norm zu schaffen, bevor die Kantone eine spezifische Regelung für ihren Geltungsbereich umsetzen.
Dokumente
Medenmitteilung vom Bundesrat - 25.10.23:« Bundesrat verabschiedet Bericht zur politischen Teilhabe von Schweizerinnen und Schweizern mit einer geistigen Behinderung»
Merkblatt INSOS-ARTISET: «Was gilt es zu beachten bei der Unterstützung zur Ausübung des Stimm- und Wahlrechts?»