29.04.2025

POLITIK | Ständerätliche Kommission will Schutzkonzepte gegen Missbrauch zur Pflicht machen – grundsätzlich

Sexualisierte Gewalt in Betreuungsstrukturen hat langwierige Folgen für die Opfer. Die Bestrafung der Täter:innen ist wichtig, die Prävention aber unabdingbar. Nach dem Nationalrat unterstützt auch die vorberatende Kommission des Ständerats sechs gleichlautende Motionen, welche die Prävention stärken wollen. Die von ihr geforderte vorherige Prüfung der Situation durch den Bundesrat ist jedoch sicherlich nicht unerlässlich.

Der Schutz vor sexualisiertem, physischem und psychischem Missbrauch von vulnerablen Personen muss oberste Priorität haben. Staat und Gesellschaft stehen in der Pflicht, solche Taten zu verhindern. Denn das verursachte Leiden hat oft lebenslange psychische Konsequenzen für die Opfer. Im Parlament kommt jetzt Bewegung in der Sache: Sechs wichtige Motionen verlangen die Erstellung von Schutzkonzepten gegen sexuellen Missbrauch. Die Schutzkonzepte sollen auch in Institutionen für Menschen mit Unterstützungsbedarf zur Anwendung kommen.

Breite Allianz steht hinter dem Anliegen

Nationalrätinnen aus sechs Parteien – Tamara Funiciello, Lilian Studer, Greta Gysin, Patricia von Falkenstein, Priska Wismer-Felder, Kathrin Bertschy reichten gleichlautende Motionen ein, um dem Anliegen das nötige Gewicht zu verleihen. Die vorberatende Kommission des Ständerats hat jetzt beantragt, dass die Motionen dem Bundesrat zur Umsetzung überwiesen werden.

Der Bundesrat hatte die Ablehnung der Motionen empfohlen und seine Haltung mit den «eingeschränkten verfassungsmässigen Befugnisse des Bundes» begründet. Deshalb hatte er für ein weniger verbindliches Postulat zur Prüfung von Lösungsansätzen geworben. Der Nationalrat hatte sich aber darüber hinweggesetzt und die Motionen letzten Herbst zusammen mit dem Postulat angenommen.

Nun hat auch die vorberatende Kommission des Ständerats die Motionen ihrem Rat zur Annahme empfohlen. Es fehlt also nur noch das Visum des Ständeratsplenums, damit der Bundesrat die Umsetzung an die Hand nehmen muss.

Ein Anliegen im Sinne der Institutionen für Menschen mit Unterstützungsbedarf

Nach Aufdeckung eines schweren Missbrauchsfalls in einer Institution für Menschen mit Menschen mit Behinderungen im Kanton Bern spielten die Branchenverbände der Föderation ARTISET eine Vorreiterrolle, als sie 2011 die Charta «Wir schauen hin!» mit 14 weiteren Verbänden unterzeichneten. Damit schrieben sie sich auf die Fahne, die Prävention vor sexueller Ausbeutung, Missbrauch und anderen Grenzverletzungen zu stärken.

Die von den Motionen geforderte Prävention sollte somit für alle verletzlichen Personen gelten, einschliesslich derjenigen, die Unterstützung durch spezialisierte Institutionen benötigen.

Teils zögerliche politische Instanzen

Ursprünglich hatte der Bundesrat die Ablehnung der Motionen empfohlen. Im vergangenen Herbst hatte ihn der Nationalrat jedoch überstimmt und die Motionen angenommen. Die vorbereitende Kommission des Ständerats, die WBK-S, schliesst sich nun der Meinung des Bundesrats an und verlangt von ihm die vorherige Ausarbeitung eines Berichts. ARTISET bedauert diesen ihrer Meinung nach unnötigen Umweg, möchte aber vor allem festhalten, dass die Kommission die Ausarbeitung eines Massnahmenplans zur Verhinderung von Missbräuchen an sich für unerlässlich hält.

Taten sind gefragt – ohne weiteren Aufschub

Es braucht griffige Massnahmen: Schutzkonzepte sollen überall dort erarbeitetet werden, wo es nötig ist – und verbindlich sein. Konzepte sind sicher kein Patentrezept, dennoch stellen sie einen wichtigen und konkreten Beitrag zur Verhinderung von Missbräuchen dar. ARTISET und die Branchenverbände CURAVIVA, INSOS und YOUVITA unterstützen die parlamentarischen Vorstösse und fordern eine rasche Umsetzung von Schutzkonzepten, ohne Verzögerungstaktiken.

Motion Funiciello 23.4191 vom 28. September 2023 «Schutzkonzepte zur Prävention von Missbrauch bei Organisationen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten»

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