UPGRADE | Best Practice in der Berufs- und Personalentwicklung
In der neuen Serie «UpGrade – bestehendes erneuern und verbessern» werden innovative Modelle, Konzepte und Projekte zur Berufs- und Personalentwicklung vorgestellt. Dies setzt Impulse, der angespannten Personalsituation mit frischer Perspektive zu begegnen. Das erste Beispiel: die Ausbildungsstation des Generationenhaus Neubad, Basel.
Hauptsächlich zwei Gründe führten vor fast zehn Jahren zu einem Systemwechsel in der Ausbildung der Gesundheitsberufe im Generationenhaus Neubad, Basel: Dem Fachkräftemangel begegnen und die Effizienz in der Berufsbildung steigern. Seither sind die rund 25 Lernenden im Altersbereich nicht mehr auf sechs verschiedene Wohnbereiche verteilt, sondern übernehmen gemeinsam den Versorgungsauftrag der sogenannten Ausbildungsabteilung – vergleichbar mit einem Juniors Market der Migros oder einer Junior Station der SBB. Damit übernimmt das Generationenhaus Neubad eine Vorreiterrolle. Vereinzelt existieren zwar Institutionen, die ähnliche Ansätze verfolgen. Doch in der Langzeitpflege ist dieses System in der Schweiz eine Innovation.
Auf der Ausbildungsstation des Generationenhauses werden Praktikant:innen, Assistent:innen Gesundheit und Soziales AGS, Fachpersonen Gesundheit FaGe und Studierenden HF Pflege ausgebildet. Ein fünfköpfiges Berufsbildner:innen-Team begleitet die Lernenden und garantiert die Qualität der Arbeit. Ziel ist, dass die Lernenden sämtliche Arbeiten möglichst selbständig organisieren und durchführen, wobei die erfahrenen Lernenden jeweils die Neuen einführen. Ergänzend zur Arbeit auf der Ausbildungsstation erhalten alle Lernenden in einem Rotationsprinzip einen drei- bis sechsmonatigen Einblick in einen der fünf anderen, «normal» geführten Wohnbereiche.
Pflegefachmann Andreas Rytz ist im Berufsbildner:innen-Team für die HF-Ausbildung verantwortlich und verfasst derzeit seine Masterarbeit an der Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung EHB zum Thema Ausbildungsabteilung. Seit neun Jahren arbeitet er im Generationenhaus und sieht mehrere Vorteile im innovativen Ausbildungsansatz: «Die Lernenden wachsen von Anfang an in die Verantwortung hinein und lernen, vernetzt zu denken. Zudem erhöht das Peer-to-Peer-Lernen die Sozial- und Selbstkompetenz.» Daraus resultiere ein fachlich hohes Ausbildungsniveau, was Andreas Rytz auch aufgrund seiner Tätigkeit als Prüfungsexperte beurteilen kann. Zudem verzeichnet das Generationenhaus mit rund fünf Prozent verhältnismässig wenige Lehrabbrüche. Das Lehr- und Lernklima auf der Ausbildungsabteilung scheint den Auszubildenden zu entsprechen, auch wenn von ihnen viel gefordert wird.
Doch auch die Institution gewinnt. Bereits im zweiten Ausbildungsjahr beispielsweise werden FaGe-Lernende in die Tagesverantwortung eingearbeitet. Im dritten Ausbildungsjahr übernehmen sie diese Aufgabe in diesem Lernsetting selbständig. «Nach Ausbildungsabschluss sind die Lehrabgänger:innen für alle Aufgaben qualifiziert und sofort einsetzbar», sagt Andreas Rytz. Ihre Ausbildungszeit im Generationenhaus motiviert die frisch Diplomierten offensichtlich, weiterhin Teil des Teams zu bleiben. Im Sommer 2022 konnten fünf Fachpersonen Gesundheit, eine Pflegefachperson HF und eine Assistentin Gesundheit und Soziales intern weiterbeschäftigt werden. «So begegnen wir dem Fachkräftemangel», sagt Andreas Rytz. «Zudem schätzen wir den Vorteil, dass die Mitarbeitenden in der Kultur des Hauses gross geworden sind und voll hinter unserer Philosophie stehen.»
Doch kann eine Ausbildungsstation auch wirtschaftlich erfolgreich sein? «Ja, weil ich effektiver arbeiten kann», ist Ausbildner Andreas Rytz überzeugt. Einfach gesagt: Sind mehr Lernende auf der Abteilung, braucht es im Verhältnis weniger Berufbildner:innen – denn auch diese Ressource ist knapp. Für Andreas Rytz spielt zudem die Nähe eine wichtige Rolle. Er arbeite zusammen mit den Lernenden auf derselben Station und bekomme vieles mit. Das ermögliche eine engere Betreuung und die Lernenden könnten mehr von ihm profitieren.
Doch auch der innovative Ausbildungsansatz des Generationenhauses kennt Herausforderungen: Die Arbeits-Effizienz hochzuhalten bei einem grossen Team an jungen Lernenden beispielsweise. Oder die Tatsache, dass das Team jeden August komplett neu zusammengesetzt wird. Auch die Absenzen fordern: Ein bis zwei Schultage wöchentlich, ÜKs und weitere Abwesenheiten reduzieren die Kontinuität in der Betreuung. Zudem ist die Rekrutierung von HF-Lernenden auch im Generationenhaus schwierig. Dennoch überwiegen für Ausbildner Andreas Rytz die Vorteile des Modells: «Auch künftig sind wir von der Strategie überzeugt, unsere eigenen Fachkräfte aus- und weiterzubilden.»
Wer mehr über die innovative Art erfahren möchte, wie im Generationenhaus Neubad Basel ausgebildet wird, kann sich an Patrik Honegger, Berufsbildungsverantwortlicher, p.honegger@ghneubad.ch wenden.
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